Veraltete Technik, platzende Dampfleitungen, auseinanderfallende Wasserleitungen. Die anfällige Infrastruktur der Wäscherei der Donau-Ries-Werkstätten in Nördlingen, machte einen kompletten Neubau dringend notwendig. Als die Mitarbeiter im Oktober 2022 die neue Wäscherei endlich beziehen konnten, war die Freude groß.

Gruppenfoto von Textilreinigermeister
Fabian Fuchs und einigen seiner Kolleginnen und
Kollegen.
Textilreinigermeister
Fabian Fuchs (links) mit einigen seiner Kolleginnen und
Kollegen. – © Isabell Peter

„Es war jeden Tag ein neues Abenteuer in der alten Wäscherei zu arbeiten. Zum Glück wurde nie jemand verletzt“, erzählt Textilreinigermeister sowie öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger Fabian Fuchs. Die Wäscherei, die zur Lebenshilfe Donau-Ries gehört, ist eine Werkstätte für behinderte Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht zurechtkommen würden. Dort können sie mit individuell angepasstem Arbeitsdruck einer geregelten Arbeit nachgehen und werden bei ihren Tätigkeiten unterstützt und betreut.

Wäscherei beinahe geschlossen

Wäre Fabian Fuchs vor vier Jahren nicht als neuer Textilreinigermeister eingestiegen, wäre der Neubau aber wahrscheinlich nie umgesetzt worden und die dort arbeitenden Menschen hätten sich auf einen anderen Arbeitsbereich der Donau-Ries-Werkstätten einlassen müssen. „Der Werkstattleiter sagte damals, dass er den Neubau schon seit sieben Jahren auf den Tisch hatte und die Entscheidung, die Gruppe zu schließen, kurz bevorstand, da es niemanden gab, der die Wäscherei langfristig hätte weiterführen können. Durch meinen Eintritt gab es dann jedoch eine Perspektive und die Planungen wurden wieder aufgenommen“, erklärt Fabian Fuchs.

Neueste Technik erleichtert die Arbeit

Und so ist die Wäscherei heute auf dem aktuellsten Stand der Technik. Unter anderem ist sie deutlich mehr automatisiert. „Wir arbeiten weniger von Hand und lassen viel von den Maschinen bearbeiten. Durch den Faltroboter am Finisher sind die Legearbeiten zum Beispiel deutlich rationeller geworden“, erläutert der Textilreinigermeister. So ist die Arbeit viel weniger körperlich anstrengend und kann von betreuten Mitarbeitern viel leichter ausgeführt werden. Ebenso hat sich die Kapazität deutlich erhöht: „Die alte Wäscherei war auf 800 Kilo pro Tag ausgelegt, in der wir damals schon 1,5 Tonnen mit den alten Maschinen bearbeitet haben. Jetzt haben wir eine Kapazität von 3,5 bis 4 Tonnen pro Tag.“

Um dies zu bewältigen hat die neue Wäscherei eine Waschstraße mit 10 Kammern und 40 Kilo Beladekapazität. Daneben gibt es zwei Waschschleudermaschinen mit jeweils 60 Kilo Beladekapazität, sowie eine Highpowermangel von Kannegiesser mit Eingabe- und Faltmaschine. Ebenfalls zum neuen Equipment gehören drei Trockner, gasbeheizt mit 60 Kilo Beladekapazität, ein Finisher, ein Faltroboter, sowie kleinere Finishgeräte, wie die Bügelbretter von Veit, ein Hosentopper und ein Hemdenfinisher. Eine Karussellpresse aus vergangenen Zeiten und eine Frottee-Faltmaschine ergänzen die Ausstattung.

Halle mit drei Trockner sowie einer
Highpowermangel.
In dieser Halle befinden sich unter anderem die drei Trockner (links) sowie eine Highpowermangel
(rechts hinten). – © Isabell Peter
Die Kannegiesser-Highpowermangel.
Die Kannegiesser-Highpowermangel. – © Isabell Peter

Statt händisch, alles digitalisiert

Auch in Richtung Digitalisierung wurde die neue Wäscherei erheblich upgegradet. Mit der Software TIKOS von der Firma SoCom müssen die Mitarbeiter die Wäsche nicht mehr händisch sortieren, sondern profitieren von einer Einzelteilverfolgung über RFID-Chips und Barcodes. So wird die gewaschene Kleidung automatisch personenbezogen sortiert.

Des Weiteren haben fast alle neuen Maschinen einen Online-Support-Zugang. „Ein Großteil der Maschinen sind von Kannegiesser und somit im Kannegiesser-Netzwerk. Wenn also irgendwo eine Störung auftritt, kann der Support sich von außen einwählen und uns weiterhelfen“, erklärt Fabian Fuchs.

Ebenfalls neu dazugekommen ist eine Dosieranlage von BÜFA, die über das Internet aufgeschaltet ist. So kann sich auch hier ein Techniker von außerhalb draufschalten, Dosierungen anpassen und bei Störungen weiterhelfen. Eine Betriebsdatenerfassung ist möglich, so dass ausgewertet werden kann, wie viel Wasser und Waschmittel verbraucht wurde.

Die Dosieranlage von BÜFA
Die Dosieranlage von BÜFA. – © Isabell Peter
Blick in die Waschstraße
Blick in die Waschstraße – © Isabell Peter

Sozialdienst unterstützt zusätzlich

Momentan hat die Wäscherei 25 behinderte Mitarbeitende. Platz gäbe es für 30. Daneben unterstützt ein motiviertes Team aus acht Mitarbeitern ohne Behinderung. Dazu gehören der Fahrer, das Produktionspersonal, eine Gruppenhelferin und zwei Gruppenleitungen. Zusätzlich unterstützt wird die Werkstätte durch einen Sozialdienst.

Mitarbeiter dieses werkstatteigenen Sozialdienstes kümmern sich um alle möglichen Belange der betreuten Mitarbeiter, wie beispielsweise um das Lösen von Konflikten und planen arbeitsbegleitende Maßnahmen. „Neben der Arbeit, bieten wir zudem Angebote an, um die betreuten Mitarbeiter weiter zu fördern, entweder in ihren Arbeitstätigkeiten, aber auch in ihrer Persönlichkeit“, erzählt die für die Wäscherei zuständige Sozialdienstmitarbeiterin Christine Kau. „Ich bin außerdem so ein bisschen die Vernetzung zwischen den betreuten Mitarbeitern, den gesetzlichen Betreuern, Angehörigen und der Werkstatt.“

Unterschiede zum ersten Arbeitsmarkt

So erhalten alle behinderten Mitarbeiter die Unterstützung, die sie benötigen. Das ist der größte Unterschied zu normalen Wäschereien. Auf die Menschen muss mehr Rücksicht genommen werden. Auch für schwächere Personen gibt es hier eine Beschäftigungsmöglichkeit. Natürlich gibt es trotzdem einen gewissen Kundendruck, da die Wäscherei wirtschaftlich bleiben muss und die gleichen Anforderungen an Qualität und Lieferfristen bewältigen muss wie Wäschereien der freien Wirtschaft. Überwiegend liegt der Fokus dennoch auf den betreuten Mitarbeitern. „Sie sollen für den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet und integriert werden. Das ist unser Hauptziel, welches leider nicht immer erreicht werden kann. Diejenigen haben dann hier einen ihren Bedürfnissen gerecht werdenden Arbeitsplatz und können bis zur Rente bei uns bleiben“, sagt Fabian Fuchs.

Benötigte Fähigkeiten

Trotz all der Hilfe müssen die Mitarbeiter der Wäscherei gewisse Fähigkeiten mitbringen. Sie müssen lange stehen können, da es wenige Arbeitsplätze gibt, in denen sie sitzen können. Auch körperliche Belastbarkeit ist wichtig, gerade beim Aussortieren oder beim Beladen der Waschstraße. Leichtere Legearbeiten werden im Sitzen durchgeführt, weswegen es trotzdem Plätze für Menschen gibt, die schwächer sind. Die Betreuten sollen das ganze Spektrum an Arbeiten miterleben und sich dadurch bestätigt fühlen, dass sie Teil einer wichtigen Aufgabe sind und Sorge dafür tragen, dass bei Krankenhäusern und Altenheimen alles rund läuft.

„Wichtig ist noch, dass die Personen die allgemeinen Hygienestandards einhalten können und mit der vorhandenen Lärm- und Geräuschkulisse und den vielen Eindrücken zurechtkommen. Wenn sich jemand sehr leicht ablenken lässt oder sich schwertut, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, dann ist es hier schwieriger, weil es eine große, offene Halle ist. Das ist für den einen oder anderen schon eine Herausforderung“, erläutert Sozialarbeiterin Christine Kau.

Technikraum mit Dampferzeugern
von JUMAG.
Im Technikraum befinden sich Dampferzeuger
von JUMAG. – © Isabell Peter
Die beiden Waschschleudermaschinen.
Die beiden Waschschleudermaschinen. – © Isabell Peter

Dienstleistungen und Kundenmix

Die Wäsche, die die Mitarbeiter waschen, mangeln, finishen und bügeln, ist zurzeit alles kundeneigene Ware. „Wir sind keine Textilreinigung und bieten momentan noch keine Miet-Wäsche an. Das könnte in Zukunft vielleicht der Fall sein. Das kommt auf die Pläne der Geschäftsführung an“, meint Fabian Fuchs.

Überwiegend kommen die Kunden aus dem Gesundheitswesen. Dazu gehören Krankenhäuser und Altenheime. Daneben gibt es verschiedene Arztpraxen, die ihre Arbeitskleidung bei der Werkstätte waschen lassen. Auch Gastronomie- und Industriekunden sind Teil des Portfolios. Neu dazugekommen ist mit einem Batteriehersteller zudem ein größerer Industriekunde. Zu guter Letzt bearbeiten die Mitarbeiter natürlich die hauseigene Wäsche der Lebenshilfe Donau-Ries.

Der Umgang mit Corona

Durch den Kundenmix konnte die Donau-Ries-Wäscherei die Corona-Krise jedenfalls relativ gut überwinden. „Während der Anfangszeit wurde jedes Patientenzimmer im Altenheim bei einem Infektionsfall komplett, mit Wäsche, ausgeräumt. Zu dieser Zeit sind wir teilweise in Wäsche geschwommen“, erzählt Fabian Fuchs. Wirtschaftlich kam die Wäscherei also gut über die Runden. Leider waren die betreuten Mitarbeiter eine Zeit lang ausgesperrt und mussten im Wohnheim oder zuhause bleiben. „Das war eine schwierige Zeit für uns, da auf einen Schlag 25 Mitarbeiter gefehlt haben.“ Weil aber gleichzeitig die Automobilindustrie einbrach, konnten Gruppenleiter aus den Montagegruppen zur Wäscherei wechseln. So konnten diese der Kurzarbeit entgehen. „Und wir haben eben das Personal gebraucht, denn das was unsere behinderten Mitarbeiter machen, muss ja trotzdem erledigt werden.“

Als die Beschäftigten die Werkstatt dann wieder besuchen durften, gab es viele Auflagen. Verschiedene Gruppen oder Menschen aus verschiedenen Wohnheimen mussten strikt getrennt werden. Außerdem gab es natürlich eine strenge Test- und Maskenpflicht. Um die Quarantäne aller Mitarbeiter bei einem Corona-Fall zu verhindern, trugen alle von Anfang an eine FFP2-Maske und das acht Stunden am Tag. „Es war eine Herausforderung für alle, aber wir sind eigentlich ganz gut durchgekommen“, resümiert Fabian Fuchs.

Das Branchen-Problem: Steigende Energiepreise

Die Energiekrise hingegen betrifft die Wäscherei momentan stärker: „Unser Neubau ist komplett auf Gas ausgelegt. Nur unsere Heizkörper und unsere Warmwasserversorgung sind über Fernwärme angeschlossen“, so der Textilreinigermeister. Um noch wirtschaftlich arbeiten zu können, musste die Wäscherei auch die Preise erhöhen. „Dadurch, dass die ganze Branche mit den Preisen nach oben gehen musste, konnten unsere Kunden diesen Schritt auch nachvollziehen.“

Eine erfüllende Arbeit

Fabian Fuchs beschreibt die Arbeit mit seinen behinderten Kollegen als erfüllend: „Es ist nicht immer einfach, muss ich zugeben. Aber wir bekommen sehr viel zurück. Es gibt einem Motivation, wenn die betreuten Mitarbeiter zufrieden sind und mit einem Lächeln in den Feierabend gehen.“