Feuer gelöscht – Einsatz beendet? Nein! Kontaminierte Feuerwehr-PSA muss richtig ausgezogen und hygienisch sicher aufbereitet werden. Hier sind wie bei den Löscharbeiten Expertise und Vorsicht geboten. Denn anhaftende Chemikalien und giftige Stoffe können auch nach dem Brand eingeatmet und über die Haut aufgenommen werden.
Einsatzhygiene ist ein Thema, das alle Feuerwehren gleichermaßen beschäftigt. Erst im vergangenen Sommer hatte die internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation WHO, Feuerwehrarbeit als krebserregend eingestuft – ein weiteres Warnsignal und eine Aufforderung zu handeln. Denn in den Bereichen persönliche Ausstattung, der Reinigung von Feuerwehr-Schutzkleidung und letztlich der Einsatzstellenhygiene gibt es vielerorts Nachholbedarf.
Richtiger Umgang mit kontaminierter Ausrüstung
Aktuell sind viele Feuerwehren dabei, entsprechende Einsatzhygienekonzepte zu erarbeiten und umzusetzen. Es ist wichtig, die Feuerwehrleute zum Thema zu schulen. Gerade auch jüngere und neue Einsatzkräfte sollten schon in der Ausbildung und während ihrer ersten Einsätze über das richtige Verhalten informiert werden, damit ein Wandel im Verhalten erreicht werden kann. Spezialisten bieten dabei Unterstützung in Form von Trainings, Anleitungen und Produkten.
Das Dräger Safety Bag beispielsweise erleichtert es Einsatzkräften das hygienische Ablegen und Verpacken von kontaminierter Schutzausrüstung. Auch UVEX bietet ein Decon Kit, das an Einsatzstelle oder im Gerätehaus beim Umgang mit kontaminierter PSA unterstützt.
Der AGT Wechselkleidungsoverall von UVEX ist so ausgelegt, dass Feuerwehrleute nach dem Atemschutzeinsatz und dem Verpacken der kontaminierten Einsatzkleidung weiter an der Einsatzstelle als zugehörig erkannt eingesetzt werden können, zum Beispiel zum Rückbau der Einsatzteile wie Schläuche rollen.
Ist die kontaminierte Schutzausrüstung (Bekleidung und PSA wie Atemschutzgeräte, Masken usw.) nach dem Löschen am Einsatzort sachgerecht ausgezogen und abgelegt worden, muss sie luftdicht verpackt werden. Der Transport zur Wäscherei oder Atemschutzwerkstatt sollte getrennt von den Einsatzkräften erfolgen, so dass niemand mit den giftigen Stoffen und Gasen in Verbindung kommt. Nur so kann eine Kontaminationsverschleppung vermieden werden. Die Deutsche Gesellschaftliche Unfallversicherung (DGUV) rät zu PSA mit hellem Oberstoff, weil darauf Kontaminationen sowie Reinigungserfolge besser sichtbar sind.
Für die Rückfahrt zur Wache sollten den Einsatzkräften separate Kleidung zur Verfügung stehen. Hände, Gesicht und Arme sollten möglichst noch am Einsatzort gewaschen werden. Es dürfen keine gefährlichen Stoffe in die Mannschaftskabinen gelangen.
Reinigung: Rausgeben oder inhouse abwickeln?
Auch Reinigung und Aufbereitung der PSA rücken immer mehr in den Fokus der Feuerwehren. „Denn bei falscher oder unsachgemäßer Reinigung und Pflege kann selbst die sicherste Schutzbekleidung unsicher werden“, sagt Tobias Thoren von Isotemp. Deshalb versehen die PSA-Hersteller ihre Produkte mit Etiketten, auf denen Hinweise auf Reinigung- und Pflegeanleitungen zu finden sind. Auch auf den Unternehmens-Websites kann man die Gebrauchsanleitungen abrufen.
Wer selbst wäscht, muss darauf achten, dass Flammenschutzkleidung getrennt von anderen Bekleidungen gepflegt wird. Hitzeschutzanzüge inklusive Sichtfenster können abgebürstet oder abgerieben werden. Chemikalienschutzanzüge lassen sich per Hand oder maschinell waschen und desinfizieren. Bei der maschinellen Reinigung und Desinfektion müssen Sichtscheiben besonders vor Beschädigungen geschützt werden. Entsprechende Zubehörteile stellen auch die Hersteller zur Verfügung. Kontaminationsschutz muss getrennt und so gepflegt werden, dass die flammhemmenden und antistatischen Eigenschaften erhalten bleiben. Er muss nach jeder Wäsche nachimprägniert werden.
Es sollte nach jeder Wäsche eine Sichtprüfung durchgeführt werden, um Materialien, Nähte, Reißverschlüsse und Dichtmanschetten zu kontrollieren. Wird eine Beschädigung festgestellt, können Reparaturen von zertifizierten Partnern oder direkt vom Hersteller wie bei Isotemp umgesetzt werden. In der Regel dauert das keine 14 Tage.
Zertifizierte Service-Partner, Reparaturen und Ersatzteile
Der Chemikalienschutzanzug (CSA) Hersteller Tesimax empfiehlt, für die Grobdekontamination und Reinigung speziell entwickelte Wasch- und Desinfektionsmittel einzusetzen und die CSA nur nach durchgeführter Kunden-Schulung/Einweisung, vom Hersteller oder zertifizierten Service-Partnern vornehmen zu lassen. Nur dann kann die optimale Reinigungswirkung bei gleichzeitiger Schonung der Ausrüstung stattfinden und die Wiederaufbereitung sachgerecht erfolgen, so das Unternehmen. „Als Spezialist für Chemikalienschutzanzüge bieten wir das System bundesweit an“, sagt Sven Altinger von Tesimax.
Interview zum Thema Einsatzhygiene bei der Feuerwehr
mit Christian Ronig, stellv. Vorsitzender Werkfeuerwehrverband Deutschland, Leiter Werksicherheit Evonik in Marl
Was tun Sie als Werksfeuerwehr, um die Einsatzhygiene zu verbessern?
Jährliche Schulungen sind bei Werkfeuerwehren selbstverständlich. Es herrscht mittlerweile eine hohe Sensibilität. Kontaminierte Einsatzbekleidung wird heute nicht mehr „unverpackt“ auf die Wache zurückgebracht, da haben sich spezielle Verpackungsmaterialien bewährt (z.B. Safety Bag von Dräger). Zusätzlich sind viele Löschfahrzeuge mit Hygiene Boards ausgestattet worden. Auch Stiefelwaschmaschinen gelten als Standard in Werkfeuerwehrwachen.
Wie läuft bei Ihnen die Reinigung, Pflege und Reparatur der PSA?
Wir haben uns im Chemiepark Marl entscheiden, alle Bekleidung extern reinigen zulassen. Bei der Spezialbekleidung haben wir gute Erfahrung mit spezialisierten Dienstleistern gemacht. Mit tiefkaltem C02 werden hervorragende Ergebnisse erzielt. Bei der Standardwäsche der Feuerwehrbekleidung stellen wir erhebliche Verbesserungspotentiale fest. Wir würden uns eine Zertifizierung der Reinigungsdienstleister für die verschiedenen Produkte wünschen. Neben der Reinigung ist auch die regelmäße Wartung ein wichtiges Thema. Reparaturen sind aus unserer Sicht wegen der Gewährleistung am besten bei den Herstellern aufgehoben.
Was könnten die Lieferanten tun, um Sie dabei zu unterstützen?
Das Thema ist durchaus bei den Herstellern angekommen, es gab in der Vergangenheit bereits Schulungen für Wäschedienstleister. Wir würden uns hier aber noch mehr wünschen. Vielleicht eine Liste der von den Herstellern geschulten Anbietern oder eine Zertifizierung von Wäschedienstleistern, das könnte eine erhebliche Qualitätsverbesserung geben. Vielleicht kann hier auch unser Verband unterstützen.
Gemeinsam zu mehr Nachhaltigkeit
Schließlich geht es um die Wiederverwendbarkeit der Ausrüstung. Qualitativ hochwertige Bekleidung hält bis zu 50 Industriewäschen Stand, ohne dass sich Funktion und Aussehen verändern. Das ist im Interesse der Feuerwehren und der Natur. Denn lange getragene Schutzausrüstung ist auch ein Beitrag zu Nachhaltigkeit.
Veranstaltungstipp:
Mehr rund um persönliche Schutzausrüstung u.a. für die Feuerwehr und deren hygienische, sichere Aufbereitung erfahren Sie auf der Messe A+A 2023 vom 24. bis 27. Oktober 2023 in Düsseldorf.