Stellvertretend für Betriebe, die nach unverschuldeten Schicksalsschlägen erfolgreich zurück in die Unternehmensspur gekommen sind, erhielt die Textilreinigung Trieb den „RWin“ als Sonderpreis des Jahres 2022. Nach einem schweren Brand gab der Geschäftsführer Thomas Trieb aus Stuttgart nicht auf, baute seinen Laden wieder auf und führte währenddessen seinen Betrieb ohne große Verzögerung fort.
Als Thomas Trieb in der Nacht des 26. Februars 2021 ein Video erhält, auf dem eine Rauchsäule aus der Stephanspassage in Stuttgart aufsteigt, kann er zuerst nicht glauben, dass es seine Textilreinigung ist, die brennt. Doch als er mit seiner Schwester Christina Porges zu seinem Geschäft fährt, ist schnell klar, dass nichts mehr zu retten ist. Das Erdgeschoss ist ausgebrannt und das Untergeschoss stark durch Ruß und Löschschaum verunreinigt.
Familiengeführter Betrieb seit über 90 Jahren
Trotz der schlimmen Lage gibt Thomas Trieb seinen Familienbetrieb, den er bereits in dritter Generation führt, nicht auf. Das Unternehmen existiert bereits seit den 30er Jahren, als Walter Trieb eine Maßschneiderei in der Königsstraße gründete. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog der Betrieb in den Hindenburgbau, wo er in der Stephanspassage heute noch seinen Hauptsitz hat. Aufgrund großer Nachfrage wurde das Schneideratelier dann um einen Bügelservice erweitert. Mitte der 50er Jahre übernahm Horst Trieb den väterlichen Betrieb und erweiterte ihn um einen Reinigungsservice mit einer chemischer Reinigung und Wäscherei. Nach Abschluss seiner Meisterprüfung und jahrelanger Berufserfahrung übernahm Thomas Trieb dann 1995 den Betrieb von seinem Vater.
Aufgeben kommt nicht infrage
„Ab dem ersten Moment des Schocks haben wir unser Denken und Handeln auf ein Weiterführen des Familienbetriebs ausgelegt“, erzählt der Textilreinigermeister. Mit viel Unterstützung konnte er den fast 100 Jahre alten Betrieb nach nur wenigen Tagen teilweise wieder aufnehmen. Nachdem die Kunden über die Webseite informiert wurden, konnten die Groß- und Lieferkunden drei Tage später wieder beliefert werden. Glücklicherweise war das Warenlager nicht vom Brand betroffen. Die Bekleidung, die im EG hang, hatte weniger Glück. Zwischen 3000 und 4000 Teile sind verbrannt.
Ohne die viele Hilfe von anderen Reinigungsbetrieben und seinen Mitarbeitern hätte Thomas Trieb wohl kapituliert: „Die Hilfsbereitschaft und Anteilnahme von vielen Seiten hat uns ermutigt und Kraft gegeben.“ Dankbar ist er auch den überwiegend verständnisvollen Kunden. Wer Kleidungsstücke im Brand verloren hatte, bekam über die Versicherung der Textilreinigung den Verlust erstattet. Über ein Formular konnten die Kunden sich nach ihrer Bekleidung erkunden und den Beleg einreichen.
Schnell umgesetzte Notlösungen
Als Übergangslösung konnten Thomas Trieb und seine Schwester ihren drei Gehminuten entfernten SB-Waschsalon beziehen. „Dessen EG mit den Waschmaschinen konnten wir für das Nassreinigungsverfahren nutzen, während das UG unsere neue Schaltzentrale mit Büro, Kassensystem und zwei Ersatzbügeltischen wurde“, erklärt Christina Porges, die als Assistent-Managerin ihren Bruder unterstützt. Über den Nachbar-Kiosk „Lucky Lounge“ konnten Kunden ihre Bekleidung abgeben und abholen, während die Reinigung Hohn in Oberrixingen die Wäsche und Reinigung übernahm.
Knapp sechs Wochen nach dem Brand eröffnete die Textilreinigung ihren neuen provisorischen Laden in der ehemaligen City-Reinigung, nur ein paar Meter vom ausgebrannten Geschäft entfernt. So konnte im UG des SB-Waschsalons die Produktionsstätte mit vier weiteren Bügeltischen aufgestockt werden. Um Zeit und Kosten zu sparen, wurde die Reinigungsware auf die Firmen Viebig, Lange und Reinigungswelt verteilt. Zwischenzeitlich begann die Sanierung des ausgebrannten Ladens der Textilreinigung Trieb.
Umzug zurück in den renovierten Laden
Nachdem Waschmaschinen, Bügeltische, Mangel und Presse instand gesetzt und die neue Elektrik verlegt war, konnte Ende September 2021 die Bekleidung wieder am alten Standort bearbeitet werden. Eine neue Hemdenpresse ergänzte dabei die Produktion. Ein Jahr nach dem Unglück nahmen die alten Räumlichkeiten langsam erneut Form an, bis es am 16. Mai 2022 soweit war und die Textilreinigung Trieb ihre Kunden im renovierten Geschäft begrüßen konnte.
Um einen erneuten Brand in Zukunft zu verhindern, hat Thomas Trieb Vorsichtsmaßnahmen veranlasst: „Wenn wir den unteren und oberen Stock ausschalten, dann ist überall der Strom aus.“ In diesem Sinne ist er nun sehr vorsichtig und will nichts mehr riskieren. „Es ist kaum zu glauben, wie schnell so etwas geht. Vorher habe ich nie gedacht, dass es mich mal erwischt.“
Mit positiven Blick in eine ungewisse Zukunft
Finanziell geht es der Textilreinigung heute so, wie es der ganzen Branche zurzeit geht: schlecht. Die Corona-Pandemie hat alle Wäschereien und Textilreinigungen schwer getroffen. Bei Thomas Trieb kam zusätzlich noch der Brand hinzu. 25 Prozent der neuen und instandgesetzten Maschinen musste er selbst bezahlen. Die Versicherung übernahm nicht alles. Dennoch schaut er positiv in die Zukunft: „Es wird immer Menschen geben, die Anzüge und Brautkleider tragen oder andere nicht waschbare Textilien besitzen.“ Wenigstens betrifft ihn die Energiekrise momentan nicht. Seinen
derzeitigen Stromvertrag schloss er am 1. Januar 2022 ab. Bis Ende 2024 setzen ihm die steigenden Energiepreisen erstmal nicht zu. Auch die Kunden sind ihm treu geblieben und können nun den „RWin Sonderpreis des Jahres 2022“ auf der Theke des alten, neuen Ladens bewundern.