Branchenexperte Dr. Thomas Neyers hat sie: Die Fähigkeit, Prozesse und Schnittstellen zu koordinieren, damit Systeme rundlaufen. Er kombiniert sie mit der Leidenschaft für Netzwerken, als Führungskraft bei der Alsco, im Präsidium des DTV und auf europäischer Ebene bei der ETSA. Wie sich sein Engagement besonders in Krisenzeiten bezahlt macht, verrät er im Gespräch mit R+WTextilservice.
„Ich will Dinge bewegen, aber nicht mit der Brechstange.“ Der promovierte Chemiker Dr. Thomas Neyers tut es, seit 2019 als Leiter Koordination Stabsstellen bei der Alsco Berufskleidungs-Service GmbH in Köln. Darüber hinaus stellt er sein Know-how und viel Energie al s Beisitzer im Präsidium des Deutschen Textilreinigungs-Verband e. V. (DTV), als Ausschussvorsitzender des Arbeitskreises Digitalisierung im DTV und als Schatzmeister der European Textile Services Association ( ETSA) zur Verfügung. Denn auch mit Verbandsarbeit kennt er sich bestens aus. Bis zum Zusammenschluss mit dem DTV war Dr. Thomas Neyers Präsident des Wirtschaftsverbands Textil Service (Wirtex).
Die ehemaligen Vorstände der Branchenverbände hatten die Zeichen der Zeit erkannt. Seit dem 1. April 2019 gehen DTV und Wirtex wieder einen gemeinsamen Weg . Die Komplexität der Herausforderungen, denen sie sich heute als größter Verband für die Textilservicebranche in Europa gemeinsam stellen können, war nicht abzusehen. „Wie wichtig es ist, unseren Mitgliedern einen umfassenden Informationsservice, aber auch klare Wegweiser und Erklärungen an die Hand zu geben, hat die Pandemie deutlich gemacht“, sagt Neyers, ein Mann, dem Verlässlichkeit wichtig ist und der sich mit dem Wirtschaftsfeld Textilservice eng verbunden fühlt.
Was führte Neyers in die Textilpflegebranche?
Sein Weg in die Branche führte über das Deutsche Wollforschungsinstitut an der RWTH Aachen. Neyers schreibt seine Abschlussarbeit über die Reinigung und Wäsche von Wolle. In den Experten der Firma Kreussler in Wiesbaden findet er kompetente Ansprechpartner. „Das war mein Initialkontakt zur Branche“, sagt er. Nach abgeschlossenem Studium startet er 1998 seine berufliche Karriere als Mitarbeiter des wfk-Forschungsinstituts in Krefeld und steigt tief in die Materie und in die Welt des Textilservice ein. Er engagierte sich in Arbeitsgruppen des DIN und CEN und mit der Gründung des Wirtex im Jahr 2000 für den Branchenverband. Als Netzwerker und Vermittler koordiniert er Kontakte zwischen Dienstleistern und Industrie. 2001 übernimmt er die Assistenz des technischen Geschäftsführers bei der Firma Larosé in Köln, wo er Erfahrungen in unterschiedlichen Führungspositionen macht, bis er 2015 durch Akquise zur Alsco wechselt.
„Meine derzeitige Funktion ist im Head Office der Alsco angesiedelt und umfasst die strategische Koordination der Themen Datenschutz, Arbeitssicherheit, Gesundheitsmanagement, Inklusion, Risikomanagement, CSR, Unternehmenskommunikation sowie die Zusammenarbeit mit den Verbänden und wissenschaftlichen Instituten im Textilservice“, erklärt Neyers. „Es ist meine Aufgabe, alle anstehenden Themen und Funktionsträger, die mit der operativen Umsetzung beauftragt sind, zu koordinieren und dem Geschäftsführer zu berichten. Ich bin Dienstleister für die Abteilungen des Head Office und für die Niederlassungen in Deutschland.“
Neyers Aufgabe als Führungskraft: koordinieren und kommunizieren
Auf die klassische Frage, wie es ihm gelingt, die vielfältigen Aufgaben als Führungskraft mit seinem ehrenamtlichen Engagement unter einen Hut zu bekommen, antwortet er: „Mein Job-Titel ist Programm“, was so viel heißt wie: Koordination kann ich. Er müsse allerdings nicht alles alleine machen. Wir stellen fest: Humor kann er auch.
„Natürlich müssen alle Themen, Termine und Anfragen bewertet und in den kontinuierlichen Arbeitsfluss eingeschleust werden“, erklärt er: „Die Ausführung liegt dabei nicht nur in meinen Händen, sondern auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen oder externen Dienstleistern. Wenn Sie so wollen, ist es meine Aufgabe, die anstehenden Aufgaben in den oben benannten Bereichen im Unternehmen so zu verteilen, dass die an die Alsco gestellten Anforderungen erfüllt werden. Dabei hilft mir meine Erfahrung im Job und in der Verbandsarbeit, als Mitwirkender in Prozessen der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung.“ Kommunikation sei das Schlüsselwort.
Für Systemrelevanz einstehen
Als Vorsitzender des Ausschusses Digitalisierung im DTV will er dieses Themenfeld voranbringen. Das Projekt „ Datenharmonisierung“ stehe oben auf der Agenda. Ziel ist es, einen Datenstandard für die Branche zu entwickeln. Es sollen grundlegende Informationen über Textilien für die ERP-Systeme textiler Dienstleister erfasst werden, welche die Beschaffungs- und Bearbeitungsprozesse mit einheitlichen Kommunikationsschnittstellen möglich machen. „Dadurch werden die angewendeten Prozesse effizienter, weil schneller und fehlerfreier“, so Neyers. „Mit dieser Grundlagenarbeit bieten wir Lösungen für die kommenden Anforderungen aus Brüssel. Die Europäische Kommission fordert im Rahmen des Green Deal eine Stärkung der ‚Circular Economy‘. Sie will einen digitalen Pass für Artikel und Produkte einführen, der mehr Nachhaltigkeit und Vermeidung von Abfall garantiert.“
Energiekrise drängt zum Handeln
Aktuell gebe es andere, dringende Themen, welche die Betriebe belasten: Extrem hohe Energiekosten und die Sorge um eine drohende, drastische Verknappung von Energie. „Im Schulterschluss mit anderen Dachverbänden arbeiten wir energisch daran, unseren Betrieben einen Status der Systemrelevanz zu verschaffen, um eine vorrangige Belieferung mit Energieträgern sicherzustellen. Für die Betriebe, die Vollversorger im Bereich medizinischer Einrichtungen sind, konnte eine Quasi-Einstufung durch explizite Nennung von ‚Krankenhauswäschereien‘ in einer offiziellen, behördlichen Verlautbarung erwirkt werden. Solche Teilerfolge zeigen, wie wichtig konzertierte Bemühungen sind, die durch einen Branchenverband formuliert und gebündelt werden können.“
Textilservice: Reputation stärken – auf nationaler und europäischer Ebene
Eng verknüpft sei damit die Notwendigkeit stetiger Imagearbeit für den Textilservice. „Wir müssen die Reputation der Branche stärken, sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene. Unsere Dienstleistungen sind für die Gesellschaft essenziell. Es gibt wenige Bereiche, in denen Konsumenten und Anwender nicht auf eines unserer Produkte oder eine textile Serviceleistung zurückgreifen. Es bleibt unsere primäre Aufgabe, das Bewusstsein um den Nutzen unserer Branche in der Politik und der Öffentlichkeit transparent zu machen. Wir müssen weg von dem Image, schmutzige Wäsche zu waschen, hin zu der Erkenntnis, dass unsere Betriebe systemrelevante Leistungen erbringen, Werte und Ressourcen erhalten. Dass wir für die Bereitstellung von Sauberkeit und Hygiene sorgen.“
Branchenverbände bringen Unternehmer voran
Die Branchenverbände wie der DTV oder die ETSA seien eine Klammer für alle Marktteilnehmer in denselben oder angrenzenden Wirtschaftsfeldern; alle seien von den Rahmenbedingungen in gleicher oder ähnlicher Weise betroffen, im Positiven wie im Negativen. „Durch zentrale Informationsarbeit, aber auch durch Treffen der DTV-Mitglieder, schaffen wir die Voraussetzung für einen lösungsorientierten Diskurs. Gleichzeitig erzeugen wir ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, auf nationaler wie europäischer Ebene“, sagt der Branchenkenner, der nicht nur reden, sondern wirksam werden will. „Wir können etwas bewegen, mit unserer Bandbreite an Betrieben: Von der kleinen Reinigung an der Ecke bis zum weltweit tätigen Konzern mit mehreren 10.000 Beschäftigten.“